BR 24 berichtet, 14.04.2020, 17:01 Uhr
Unzureichender Naturschutz? Bayern drohen hohe Strafen der EU
Deutschland kommt nach Ansicht der EU dem Erhalt von Schutzgebieten sowie wildlebenden Tieren und Pflanzen nicht ausreichend nach und verstößt damit gegen eine Richtlinie der Gemeinschaft. Auch Bayern drohen hohe Strafzahlungen.
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU ist schon seit dem 5. Juni 1992 in Kraft. Sie verpflichtet alle Mitgliedstaaten der EU zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Immer wieder hat Deutschland mit der Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG Probleme. Unter anderem drohte die EU-Kommission schon 2005 Deutschland deshalb mit einer Klage.
Jetzt wird es ernst: Deutschland hat nur noch wenig Zeit, seiner Verpflichtung aus der FFH-Richtlinie nachzukommen. Andernfalls drohen Strafzahlungen. Allein für Bayern könnten es mehr als 100.000 Euro am Tag sein.
💡 Was ist ein FFH-Gebiet?
FFH-Gebiete sind spezielle europäische Schutzgebiete im Natur- und Landschaftsschutz, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden und dem Schutz von Pflanzen (Flora), Tieren (Fauna) und Lebensraumtypen (Habitaten) dienen. FFH-Gebiete sind Teil des Natura-2000-Netzwerkes, das aus zusammenhängenden Schutzgebieten in Europa aufgebaut werden soll, um die einheimische Natur zu bewahren.
FFH-Richtlinie: Der Vorwurf der EU
Am 12. Februar hatte die Europäische Kommission zuletzt gefordert, dass Deutschland samt aller Bundesländer seinen Verpflichtungen aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) nachkommen müsse. Am 14. April wäre die Frist unter normalen Umständen abgelaufen. Nun hat die EU-Kommission die Frist für Deutschland aufgrund der Corona-Krise noch einmal bis zum 15. Juni verlängert. Sollte sich bis dahin nichts geändert haben, will die EU-Kommission Klage gegen Deutschland einreichen.
Der Vorwurf der EU lautet, dass in allen 4.606 FFH-Schutzgebieten im gesamten Bundesgebiet – auf Länder wie auf Bundesebene – eine „generelle und fortbestehende Praxis zu beobachten ist, keine ausreichend detaillierten und quantifizierten Erhaltungsziele festzulegen“.
Im Klartext heißt das: Deutschland muss die Erhaltungsziele für die monierten Schutzgebiete konkreter festlegen: Denn nur so kann überprüft werden, ob die anvisierten Ziele tatsächlich auch erreicht wurden. Bei den FFH-Gebieten geht es um den Schutz bestimmter Tier- und Pflanzenarten, den Schutz von gewissen Lebensraumtypen und einem sogenannten kohärenten Netz, also einer Verteilung der Schutzgebiete über ganz Deutschland.
Kritik von Bayern-Grünen an mangelndem Naturschutz
Das Echo von Bayerns Politiker auf die Vorwürfe der EU-Kommission fällt unterschiedlich aus. „Die Staatsregierung hat wirksame Maßnahmen zum Schutz der Natur in den europäischen Schutzgebieten jahrelang ignoriert, das lässt sich kurzfristig nicht heilen“, sagte Patrick Friedl, naturschutzpolitische Sprecher der bayerischen Landtags-Grünen. Friedl fordert von der Staatsregierung verbindliche bayerische Managementpläne für FFH-Gebiete, um der EU-Verpflichtung nachzukommen und Strafzahlungen zu verhindern.
Kern der aus der Richtlinie resultierenden Verpflichtung sei laut Friedl das „Verschlechterungsverbot“. Demnach müsse sichergestellt sein, dass sich die ökologischen Lebensgrundlagen der zu schützenden Tier- und Pflanzenarten nicht verschlechtern, so der Grünen-Politiker.
Bayerns Umweltminister: „Nehmen Kritik der EU ernst“
Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sagte hingegen:“Wir nehmen die Kritik der EU-Kommission ernst, gehen den eingeschlagenen Weg konsequent weiter und passen ihn, falls erforderlich, an“. Die bemängelten Managementpläne würden „weiterhin mit hoher Intensität erarbeitet. Das Thema hat aber eine lange Vorgeschichte“, erklärte Glauber. Nach Angaben des Ministeriums wurde die Erstellung der FFH-Managementpläne deutlich beschleunigt: Für 530 der 674 bayerischen FFH-Gebiete seien bereits Erhaltungsmaßnahmen festgelegt worden. Die fertigen Pläne stünden dann auf den Internetseiten des Landesamtes für Umwelt, hieß es seitens des Bayerischen Umweltministeriums.